Wie baut man eigentlich ein Kita-Team auf?
In dieser Folge treffen wir Anke Grapatin. Anke ist Leitung einer Kita, für die sie bereits vor Eröffnung der Räumlichkeiten ihr Team zusammengebracht und aufgebaut hat. Sie erzählt uns, worauf es ihr bei ihren Mitarbeitenden ankommt, wie sie über mehrere Wochen eine gute Basis für die Zusammenarbeit getroffen hat und wie sie heute als Leitung davon profitiert.
Anke Grapatin ist 34 Jahre alt und leitet die CJD Kita in Wolfsburg. Dies macht sie seit Juli 2017, in der vollkommen neu errichteten Kita. Sie ist gelernte Erzieherin und hat 10 Jahre als solche in einer Kindertagesstätte gearbeitet. Nun ist sie Kitaleitung und studiert nebenbei soziale Arbeit. In ihrer Kita werden 113 Kinder betreut und pädagogisch gefördert. Die Betreuung übernehmen 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, womit Anke eine recht große Kita führt und ein großes Team führt.
„Ich wollte schon immer Erzieherin werden. Ich wusste aber auch, dass ich später nochmal etwas anderes machen wollte.“
Anke beginnt ihren Tag schon recht früh, gegen kurz nach sieben. Um acht Uhr startet der Tag dann für alle mit der Frühbesprechung. Sie sagt selbst, dass die Tage als Kitaleitung sehr unterschiedlich sind. Sie hat Tage ohne viele Termine und manchmal sind sie voll davon. Ihre Aufgaben sind dabei umfangreich und vielseitig. „Ich bereite die Dienstbesprechung vor, plane Meetings, schreibe die Dienstpläne, bin Ansprechpartner für die Eltern, nehme an Trägerbesprechungen teil und den Monatsabschluss habe ich auch zu erledigen. Außerdem muss auch für Material gesorgt und die Planung zusammen mit der Küche gemacht werden.
Anke erzählte uns, dass sie schon immer Erzieherin werden wollte, aber ihr auch bewusst war, dass sie darüber hinaus noch etwas anderes machen möchte. Aus diesem Grund hat sie erst ihren Fachwirt für Kindertagesstätten gemacht, wozu sie von einer damaligen Kollegin ermutigt wurde. Die Stelle als Leitung hat sie deshalb ins Auge gefasst, da sie noch „Kapazität“ frei hatte und was das angeht auch selbstbewusst genug war. „Ich hatte vorher noch keine Leitungserfahrung. Mit Abschluss der Fachwirtausbildung, wollte ich dies dann aber gleich nutzen und nicht noch fünf Jahre als Erzieherin arbeiten, sondern in den Leitungsbereich. Dann habe ich mich umgeschaut und die CJD Stelle gefunden.“
„Mir war es wichtig die Mitarbeitenden mit einzubeziehen, vom ersten Tag an.“
Wie bist du in die Führungsrolle reingekommen und wie hast du entschieden, was dir besonders wichtig war? „Ich habe viel aus der Praxis mitnehmen können und dann meine Perspektive erweitert durch die Ausbildung zur Fachwirtin. Mir war es wichtig die Mitarbeitenden mit einzubeziehen, vom ersten Tag an.“ Anke erzählte uns, dass es ihr ein Anliegen ist, dass die Mitarbeitenden dableiben, sich wohl fühlen und Spaß haben. Jedoch: Wie schafft man es, dass das Team auch da bleibt? „Es braucht ein gutes Grundgerüst.“ Die ersten vier Wochen, noch vor der Eröffnung der Kindertagesstätte, gab es Teamentwicklungsmaßnahmen. Dadurch konnten Anke und ihr Team eine Basis, ein Grundgerüst schaffen für die kommende Arbeit. Teambuilding-Maßnahmen gab es zu Anfang generell viel. Stärken und Schwächen des Teams konnten dadurch erforscht werden. „Die Teams für die Kitagruppen haben sich beispielsweise erst zusammengesetzt durch das Kennenlernen, um zu schauen wer sich ergänzt.“
„Ich möchte nicht die sein, die oben steht, führt und delegiert und alles aufzeigt – mein Idealbild ist eine Gemeinschaft.“
Was Entscheidungen anbelangt sagt sie, muss sie manche natürlich allein treffen, aber viel nimmt sie in die Besprechungen mit, um sich zu beraten. Dies ist je nach Thema unterschiedlich. Welche Frage sich Anke dabei öfter stellt ist, „War ich transparent? Wollte ich transparent sein?“. Wie hast sie es jedoch geschafft, dass sich ihre Mitarbeitenden auch selbst organisieren? „Mir war das immer wichtig.“ Es muss eine Leitung geben, aber Anke wollte die Arbeit eher Hand in Hand bewältigen. Wenn das Team das schafft, muss sie auch nicht alleine „da oben“ stehen. Es stellt sich jedoch immer die Frage, wie sie als Leitung sein möchte – „Ich möchte nicht die sein, die oben steht, führt und delegiert und alles aufzeigt – mein Idealbild ist eine Gemeinschaft.“ Ihr selbst ist zwar bewusst, dass am Ende einer die Entscheidung treffen muss, aber ein gemeinschaftliches Entscheiden ist wichtig.
Durch den Neuaufbau der Kita, hatte Anke die Möglichkeit sich eine neue Arbeitskultur aufzubauen und zu etablieren. Aber was würde sie anderen Führungskräften raten? „Ich würde immer raten sich die Zeit für die MA zu nehmen, denn die Zeit lohnt sich immer.“ Ihr ist wichtig auch mal wirklich Fragen zu stellen, nicht nur die erste, sondern auch mal die zweite und dritte. Wieso geht es dir gut/schlecht? – kein Nebeneinander her arbeiten. „Ein Blick für die Mitarbeitenden zu haben ist wichtig.“ Auch Mitarbeitergespräche anbieten und sich die Zeit nehmen, so kann man ergründen was der/die Mitarbeitende möchte, was er/sie machen will.
„Mein Anspruch ist nicht, dass alle immer zufrieden sind mit Entscheidungen/Auflagen.“
Was sind denn für sie als Kitaleitung Herausforderungen im Alltag? – „Es gibt viele Persönlichkeiten und Haltungen innerhalb des Teams. Diese muss man unter einen Hut bringen.“ Zusätzlich beschreibt Anke als Herausforderung den Fachkräftemangel, wobei sie in Ihrer Kita gut besetzt sind. Hinzu kommen noch die Anforderungen des Landes und der Kommunen. „Kitas sollen immer länger geöffnet bleiben, aber der Rest muss auch gemacht werden.“ Dabei die Interessen von allen Beteiligten zu balancieren ist eine weitere Herausforderung. Anke erzählt uns, dass sie erst einmal versucht zuzuhören und sammelt was/wie relevant ist. Siehe Corona – Es gab Auflagen vom Land, Eltern die ihre Kinder gerne wieder in die Kita schicken wollten und eventuell Ängste von KollegInnen. „Hierbei kann man versuchen einen Mittelweg zu gehen, aber mein Anspruch ist nicht, dass alle immer zufrieden sind mit Entscheidungen/Auflagen, den habe ich aber auch nicht – das wurde so entschieden und ich gehe da jetzt so mit und das erwarte ich auch von anderen.“
„Ich versuche das alles auszuhalten, indem ich reflektiere. Habe ich alle mit einbezogen …?“ Ganz allein wäre das für sie wohl nicht möglich. Sie braucht in ihrer Rolle als Führungskraft auch Partner zum Austausch. Auch sie habe Unsicherheiten, mit welchen sie aber offen umgehen kann. Dynamik scheint aber auch ein wichtiger Punkt zu sein, sowie Feedback anzunehmen und eventuell Anpassungen vorzunehmen. „Ich sehe uns als Team – Ich könnte ohne sie nicht und sie bräuchten mich und deswegen ist das ein Hand in Hand – es geht nicht anders.“ Sie weiß ihr Team außerdem sehr wertzuschätzen, denn sie kennt ihre Arbeit.
„Ich muss nicht immer gleich eine Antwort parat haben.“
Was für „Learnings“ hat sie im Laufe ihrer Leitungszeit mitnehmen können? „Das Ziel muss stimmen, aber der Weg dahin darf variieren. Wege und Lösungen können unterschiedlich sein. Ich muss nicht immer gleich eine Antwort parat haben.“ Was Anke hervorhebt ist Diversität. Nicht nur in Familien, auch im Team. Sie kann viel daraus mitnehmen, auch wenn es mal anstrengend ist. Man kann daraus lernen! Viel gelernt hat Anke auch aus ihrer Fachwirtausbildung. „Dort schaute ich gleich, wie ich es machen möchte.“ Außerdem hat sie ihren Blick auf andere gerichtet und geschaut, wie diese die Führungsrolle umsetzten und gestalten, um danach zu reflektieren, ob dies für sie auch eine Option darstellt. Zu reflektieren ist ihr auch nach wie vor sehr wichtig, manchmal für sich allein und manchmal gemeinsam mit ihrer Vertretung.
Zum Abschluss hatte Anke noch einen Rat für diejenigen, welche sich mit dem Gedanken Führung schon einmal auseinandergesetzt haben: „Jeder der das Gefühl hat, das er/sie Leitung/Führung mal probieren möchte – probiert Führung aus und nehmt euch aber Zeit für eure Mitarbeitenden. Darüber erfährt man viel, auch wenn eventuell etwas auf dem Schreibtisch liegen geblieben ist, hat man doch ganz viel geschafft. Das ist manchmal mehr Wert, als den Papierkram gemacht zu haben!“
Wir danken dir, Anke, für dieses tolle und offene Gespräch!
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