Wie führt man mehrere Unternehmen gleichzeitig?
In dieser Folge treffen wir David Deilmann. David bezeichnet sich selbst als Hotelier, wobei er neben dem Factory-Hotel in Münster, auch verschiedene Gastro-Betriebe, von Studentencafés bis an Hotels angeschlossene Restaurants sowie eine eigene kleine Brauerei, die Dackel-Brauerei, führt. Dort besuchen wir ihn zum Gespräch, und er erzählt uns, wie es ist, gleich mehrere Teams zu führen und wie es ihm gelingt, den Anschluss an seine Mitarbeitenden zu halten.
Einen klassischen Arbeitsalltag gibt es nicht.
David führt insgesamt 100-120 Mitarbeitende, wobei das Team im Factory-Hotel davon alleine 80 Mitarbeitende umfasst. Dabei hat er noch Führungskräfte/Abteilungsleiter zwischengeschaltet, die den operativen Bereich selbstständig organisieren. Das Spannende an Davids Aufgabe ist, dass er sowohl MitarbeiterInnen führt als auch Führungskräfte, was noch einmal ganz eigene Herausforderungen mit sich bringt. Zum Beispiel erzählt David uns, dass er da, wo er durch eine Führungsmannschaft unterstützt wird, im täglichen Betrieb gar nicht mehr so tief drin steckt wie in den Bereichen, die er direkter führt.
Wenn wir mit David darüber sprechen, wie er seine Führungsrolle beschreiben würde, dann wird deutlich, dass er sich eher in der strategischen Ausrichtung seiner Unternehmen sieht und weniger im operativen Tagesgeschäft – gleichwohl er betriebswirtschaftlich den Überblick behalten will. Ansonsten überlässt er seinen Teams den Raum, eigenständig zu arbeiten und ihren Arbeitsbereich zu gestalten.
„Ich bin oft der, der die Teams vielleicht so ein bisschen stört, denen neuen Input gibt, damit sie sich nicht zu sehr in ihrer Komfortzone bewegen.“
Damit sie hier ein bisschen in Bewegung kommen, gibt es hin und wieder Impulse und Ideen seinerseits, um die Teams zu Neuem zu bewegen und aus der, wie er es nennt, Komfortzone zu locken. So kann Entwicklung entstehen. Ideen müssen und sollen aber nicht nur von ihm kommen. Vielmehr betrachtet er Ideen aus dem Team als besonders wertvoll, um die Unternehmen voranzubringen und auch in Krisenzeiten am Ball zu bleiben. So wurde während der Corona-Zeit bspw. die Idee eines Mitarbeiters umgesetzt, das Hotel als „Homeoffice-place“ zu vermieten. Eine sehr innovative Idee am Puls der Zeit! Denn nicht jede/r hat den Platz und die Ruhe zu Hause, um produktiv zu arbeiten.
Wie gelingt es David, dass Mitarbeitende Lust haben eigene Ideen zu entwickeln?
„Es freut mich am meisten, wenn das aus dem Team kommt und nicht ich immer derjenige sein muss, der sagt, kommt lasst uns mal was Neues machen!“ erzählt uns David. Aber wie schafft er das? David gelingt das, indem er seinen Mitarbeitenden zuhört, die Ideen wahrnimmt und vor allem ernst nimmt. Gemeinsam überlegt er mit seinem Team, ob und wie die Idee sinnvoll im Unternehmen umgesetzt werden kann. Dabei fallen auch seine eigenen Ideen manchmal durchs Raster, wenn sich herausstellt, dass sie nicht realistisch und sinnvoll umgesetzt werden können. Das soll aber niemanden, auch ihn nicht, daran hindern, weiter innovativ zu denken und neue Ideen einzubringen.
Auch wenn David hin und wieder eigene Ideen nach Reflexion mit seinem Team über Board werfen muss, so bleibt er trotzdem an einigen Ideen dran. Nämlich dann, wenn er so sehr davon überzeugt ist und sie ihm eine Herzensangelegenheit sind. Manchmal muss man sich da auch seinen Widersachern entgegenstellen. Aber auch hier versucht David, seine Teams mitzunehmen bei den Entscheidungen und seine Motive für sein Dranbleiben transparent zu machen und zu erklären. So versucht er immer, nicht nur beim Durchsetzen unwegsamerer Ideen, sein Handeln für alle verständlich zu machen. Hier erklärt uns David, dass aus seiner Sicht Mitarbeitende seinen Ideen eher folgen, wenn sie die Entscheidungen verstehen.
Führung in der Krise – Präsenz und Transparenz von Entscheidungen als Mittel der Wahl
Auch in Krisenzeiten, wie wir sie gerade erleben, teilt David seine Gedanken und erklärt seine Entscheidungen z.B. bzgl. der Einführung von Kurzarbeit, um alle am Ball zu halten und niemanden auf dem Weg durch die Krise zu verlieren.
Was er außerdem als seine Führungshaltung beschreibt, ist präsent zu sein für seine Teams. Gerade in der aktuellen Corona-Pandemie, der damit verbundenen Krise besonders auch für seine Branche, hat er seine Präsenz in den Teams erhöht. Sein Anliegen war, allen Mitarbeitenden zu zeigen, „wenn es schwierig wird, ist der Chef da!“. David wollte Sicherheit geben – durch seine Präsenz und seine Nähe zu den Teams. Aber so macht er es nicht nur in Zeiten der „Corona-Krise“. Immer, wenn er den Bedarf an mehr Präsenz in einem Team wahrnimmt, ist er für das Team da.
Und sonst…auch noch mit Intuition und Kommunikation…
Seine Intuition nutzt David nicht nur beim Entwickeln neuer Geschäftsideen. Sie nützt ihm auch dabei, geeignete Führungskräfte für die jeweiligen Teams zu finden. Denn die müssen zum Team und zur Ausrichtung des jeweiligen Unternehmens passen – sein Studentencafé braucht hier eine andere Führungspersönlichkeit als eines seiner Hotels. So passt er auch seine Führung an die jeweils unterschiedlichen Settings an. Hierbei behält er sowohl die Kunden als auch die Art der Arbeit vor Ort im Blick.
Den Anschluss an seine Teams hält er dabei, indem sie sich viel austauschen, einander zuhören, Inhalten auch mal hinterfragen und Hintergründe versuchen zu verstehen – das gilt für ihn in beide Richtungen.
Sein Gespür dafür, was es in der Situation gerade braucht, ist dabei zwar intuitiv jedoch in der anschließenden Handlung nicht planlos. Wenn er spürt, wen es im Team braucht, wieviel seiner Präsenz und Begleitung gefordert ist, dann geht er wohl überlegt vor – nicht ohne Plan, wie er sagt.
Und dabei lernt er niemals aus…
Wir wollen von David auch wissen, wie er lernt, ob er sich an Vorbildern orientiert und wie er sich auf seine Rolle vorbereitet hat. David erzählt uns dazu, dass er keine konkreten Vorbilder hat und die Vorbereitung, wie wir es vielleicht von größeren Unternehmen kennen, in denen Führungskräfte in ihre Position entwickelt werden, nicht hatte. David hat in der Position gelernt, seine Rolle zu leben und lernt dabei nicht aus. Was waren dabei seine Learnings, wollen wir wissen: „Ich lerne immer noch!“. Zum Beispiel hat David festgestellt, dass Autorität und das bloße Anweisen als Chef nicht zu zufriedenen Mitarbeitenden führt. Deshalb hält er als sein großes Learning fest, seinen Mitarbeitenden zuzuhören. Das tut er heute, vielleicht auch etwas mehr als früher. Er möchte mehr im Austausch sein, um gegenseitiges Verständnis auf- und auszubauen. Hierzu zählt er auch, sich Feedback zu seinen neuen Ideen zu holen. Im Austausch mit seinen Teams lässt er sich inspirieren – genauso wie von seinen Freunden, seiner Partnerin, von Fachliteratur und auch im Coaching.
Außerdem lernt er von seinem Kind: seine Rolle als Vater und der Umgang mit seinem Kind, beeinflusst seine Führungsart. Wie geht man als Eltern mit Ideen von Kindern um, von denen man von Beginn an weiß, dass sie nicht umgesetzt werden können? Auch hier geht es darum, Anliegen ernst zu nehmen, zuzuhören und zu erklären, warum diese ggf. nicht umgesetzt werden können.
Was nehmen wir von David und seiner Art zu führen mit?
Auch wenn David von sich sagt, er führe intuitiv und würde sich erst in der jeweiligen Situation einen Plan überlegen, scheint es doch, als hätte er seinen eigenen roten Faden: Zuhören, ernst nehmen, Entscheidungen transparent machen, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Gepaart mit dem Vorleben, dass auch die Ideen des Chefs nicht immer die sind, die Sinn machen, soll das seine Mitarbeitenden inspirieren, weiter mitzudenken und zu gestalten.
Vielen Dank, David, für den so herzlichen Empfang und das inspirierende Gespräch!
www.factoryhotel-muenster.de
www.dasdackel.de
www.flowershotels.de
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